Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Im Grunde nichts anderes als: Durch geeignete Einrichtungen und Prozesse sicherstellen, dass die von der Justiz (Gerichten, Staatsanwaltschaft) verordneten Sanktionen rechtmässig umgesetzt werden. Grundsätzlich ist dafür jeder Kanton selbst zuständig. Allerdings gibt es viele Regeln zu beachten – Völkerrecht, internationale Verpflichtungen, Bund, Konkordate und weitere. Daneben ist der Sicherheitsanspruch der Gesellschaft sowie der Anspruch der eingewiesenen Personen auf eine rechtmässige Behandlung zu erfüllen: Personen im Freiheitsentzug sollen zu einem eigenverantwortlichen und straffreien Leben in der Gesellschaft befähigt werden.
Mit der Bevölkerungszunahme wächst auch der Bedarf an Haftplätzen. Auch Änderungen der Rechtsprechung führen zu organisatorischen, infrastrukturellen und personellen Anpassungen. Geändert hat sich auch das Konzept der Untersuchungshaft: Je nach Einweisungsgrund und Dauer der Haft müssen entsprechende Räume und Möglichkeiten für Arbeit, Bildung und sozialen Kontakt bereitgestellt werden. Nicht zuletzt: Auch Gefangene werden älter, die Anzahl Pflegefälle steigt. Daher werden auch speziell dafür eingerichtete «Altershaftplätze» benötigt.
Für jeden Insassen, der in einen anderen Kanton überführt wird, muss der Kanton Bern ein Kostgeld bezahlen. Daneben hat jeder Insasse einen individuellen Vollzugsplan, der exakt und umfassend alle Freiheiten, Einschränkungen und die Ziele der Haft regelt. Dieser Vollzugsplan muss in jedem Falle umgesetzt werden. Die grossflächige Auslagerung von Insassen würde damit einen hohen administrativen Aufwand mit entsprechenden Kosten nach sich ziehen – vorausgesetzt, es stünden andernorts überhaupt passende Einrichtungen und genügend Haftplätze zur Verfügung.
Dabei handelt es sich um einen vertraglich geregelten, kantonsübergreifenden Zusammenschluss zur Bewältigung der Aufgaben des Straf- und Massnahmenvollzugs im Erwachsenenbereich. Teil des Konkordates sind die Kantone Bern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Luzern, Zug, Solothurn, beide Basel sowie Aargau. Schweizweit existieren noch zwei weitere Konkordate. Sie stellen sicher, dass genügend Haftplätze zur Verfügung stehen. Gemeinsame Richtlinien und Standards in Form der Konkordatsvereinbarung sowie Informations-, Wissens- und Erfahrungsaustausch sorgen zudem dafür, dass Strafen schweizweit möglichst einheitlich vollzogen werden.
Der Kanton Bern hat sich verpflichtet, vier Konkordatsanstalten zu betreiben: Die JVA Thorberg, Witzwil, St. Johannsen und Hindelbank. Da der Kanton Bern im Verhältnis zur Bevölkerung überproportional viele Haftplätze für Konkordatspartner zur Verfügung stellt, besteht die Absicht, diese Zahl mittel- bis langfristig zu verringern. Dazu ist aber die Zustimmung der anderen Konkordatskantone nötig. Für jeden ausserkantonalen Insassen erhält der Kanton Bern vom einweisenden Kanton ein sogenanntes Kostgeld, einen «Pro-Kopf-und-Tag-Beitrag».
Der Justizvollzug des Kantons Bern soll betrieblich, konzeptionell und wirtschaftlich fit für die Zukunft gemacht werden. Gleichzeitig muss er flexibel genug bleiben, um auf künftige Entwicklungen und Anforderungen vorbereitet zu sein. Dazu braucht es mehr Ressourcen als heute. Regierungsrat und Grosser Rat stehen hinter der Justizvollzugstrategie und dem im Masterplan festgehaltenen strategischen Umsetzungsszenario.
Die strategischen Vorgaben für den Masterplan sind vielschichtig und komplex und weisen verschiedene Abhängigkeiten auf. Erstens sollen die Vollzugsformen in Kompetenzzentren gebündelt werden. Zweitens sollen die Anstalten aus wirtschaftlichen Gründen eine bestimmte Grösse aufweisen. Drittens müssen darüber hinaus diverse rechtliche Vorgaben des kantonalen, nationalen und internationalen Rechts berücksichtigt werden.
Die Justizvollzugsanstalten und Regionalgefängnisse im Kanton Bern haben ihre besten Jahre hinter sich. Damit der Straf- und Massnahmenvollzug weiterhin gesetzeskonform und sicher durchgeführt werden kann, müssen sie instandgesetzt, saniert und erweitert werden. Beim 100-jährigen Regionalgefängnis Biel rechnet sich dies jedoch nicht mehr – es muss geschlossen werden und die dadurch wegfallenden Haftplätze müssen kompensiert werden. Dazu haben die übrigen Anstalten keine Kapazität, die baulichen Möglichkeiten sind eingeschränkt. Deshalb ist ein Neubau notwendig.
Die Ortswahl hängt von vielen Faktoren ab. Der Bau einer Vollzugseinrichtung an abgelegenen Orten brächte hohe Initial- und Betriebskosten mit sich, da die Zufahrtswege lang und mitunter anfällig für Störungen sind. Abgelegene Gebiete sind wegen der schlechten Verkehrsanbindung für Personal, Polizei, Zulieferer oder Gefangenentransporte nicht optimal. In höheren Lagen wie z.B. im Berner Oberland kann Schneefall zu einem Problem werden. Auch der Anschluss an den öffentlichen Verkehr spielt für das Personal und die Besuche von Angehörigen eine wichtige Rolle.
Das Regionalgefängnis Biel/Bienne hat den grössten Sanierungsbedarf und muss ersetzt werden. Die Bieler Staatsanwaltschaft hat Bedarf für ein Gefängnis in ihrer Nähe, da sie als erste einweisende Behörde unter anderem die Untersuchungshaft anordnet. Hinzu kommt, dass die Achse Bern-Biel eine wichtige Achse im Justizvollzugssystem des Kantons darstellt.
In der neuen Justizvollzugsanstalt sollen dereinst rund 250 Personen der Untersuchungs- und Sicherheitshaft (100) sowie des geschlossenen Vollzugs (150) untergebracht werden.
Begriffe
Die Administrativhaft gibt es nur im Ausländerrecht. Sie dient nicht der Untersuchung oder Bestrafung einer Straftat im Sinne des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (StGB). Es handelt sich stattdessen um eine Haft, bei der ausländische Staatsangehörige, die keine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung haben, solange inhaftiert werden, bis das Entscheidungsverfahren über ihre Weg- oder Ausweisung abgeschlossen wurde. Personen in Administrativhaft müssen gemäss Gesetz von Personen in Untersuchungshaft oder im Strafvollzug getrennt werden. Im Kanton Bern gibt - ausser zur Zeit noch in Moutier - es kein reines Ausschaffungsgefängnis.
Um eine Straftat aufzuklären, können Strafverfolgungsbehörden Untersuchungshaft (U-Haft) anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass die tatverdächtige Person flieht, untertaucht oder durch Gewalt und Drohungen den Aufklärungsprozess behindert. Auch die Schwere der Tat oder die Gefahr weiterer Straftaten können ein Grund für U-Haft sein. Immer jedoch gilt das Prinzip der Verhältnismässigkeit: Personen in U-Haft gelten als unschuldig, bis ein erstes Urteil vorliegt. Nicht selten werden Personen später freigesprochen. Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt im Kanton Bern in den Regionalgefängnissen. Personen in U-Haft müssen von Personen im Straf- und Massnahmenvollzug getrennt untergebracht werden.
Unter diesem Begriff wird die Haft während der Zeit zwischen dem Eingang der Anklageschrift und der Rechtskraft des Urteils verstanden (Vollzug oder Entlassung). Die Sicherheitshaft löst die Untersuchungshaft ab, wenn nach der Anklage die Haftgründe weiter bestehen oder neue hinzukommen.
Verurteilte Personen werden in eine geschlossene Justizvollzugsanstalt (JVA) eingewiesen, wenn die Gefahr besteht, dass sie fliehen oder zu befürchten ist, dass sie weitere Straftaten begehen. In geschlossenen Einrichtungen sind die Bewegungsfreiheit der Gefangenen und der Zugang zu ihnen stark eingeschränkt.
Regionalgefängnisse dienen in erster Linie dem Vollzug von Untersuchungs- und Sicherheitshaft an Erwachsenen und Jugendlichen sowie von kurzen Freiheitsstrafen. Im Kanton Bern gibt es aktuell je ein Regionalgefängnis in den Städten Bern, Thun, Burgdorf und - bis auf Weiteres- in Biel/Bienen und Moutier. Daneben existiert im Inselspital eine Bewachsungsstation (BEWA), in der eingewiesene Personen unter den erforderlichen Sicherheitsbestimmungen medizinisch betreut werden können. Viele Regionalgefängnisse wurden vor über 80 Jahren gebaut. Damals wählte man Standorte in der Nähe von Gerichtsgebäuden, Justizämtern oder Polizeiposten. Im Kanton Bern befinden sich daher die meisten Regionalgefängnisse in den Zentren der Städte.
Das Schweizer Justizsystem setzt auf Resozialisierung: Personen sollen im Freiheitsentzug zu einem eigenverantwortlichen und straffreien Leben in der Gesellschaft befähigt werden. Hierzu leisten «offene» Anstalten seit über 100 Jahren einen wesentlichen Beitrag. Auch hier herrschen strenge Sicherheitsvorkehrungen. Der Begriff «offen» bezieht sich auf die Art der Haft. In der JVA Witzwil – einem der grössten landwirtschaftlichen Betriebe im Kanton Bern – arbeiten die Häftlinge tagsüber auf dem Feld oder in der Viehzucht. Die JVA Witzwil dient als Ausbildungs- und Produktionsstätte und leistet damit einen substanziellen Beitrag an die Wertschöpfung der Region und die Resozialisierung der Insassen.